Holzschädigende Insekten (Anobium punctatum, gewöhnlicher Nagekäfer) haben über Jahrzehnte die Holzsubstanz des Altars in massiver Weise geschädigt, wie es selten in einem solchen Ausmaß an Objekten zu sehen ist. Der Gesamte Altar ist aus Linde gefertigt worden, ein für den gewöhnlichen Nagekäfer bevorzugtes Holz. Alle Bestandteile waren ohne Ausnahme so sehr geschädigt, dass selbst das Konstruktionsholz auf der Altarrückseite mit den Fingern eingedrückt werden konnte. Durch die Instabilität der Holzsubstanz sind auch Fassungsschäden an den Schnitzereien erheblich gewesen. Die Goldfassungen z. B. hatten durch den enormen Insektenfraß kaum noch Halt.
Um den enormen Befall zu stoppen, wurde nach umfassender Trockenreinigung eine Bekämpfung mittels Stickstoffs empfohlen und durchgeführt. Dazu war es nötig, den Altar komplett in ein gasdichtes Zelt einzuhausen und dann über einen Zeitraum von 6 Wochen zu begasen. Die Erfolgskontrolle erfolgte mittels Prüfkörpern aus dem Materialprüfungsamt Eberswalde.
Die rückseitigen Altarstützen aus Eiche wiesen starken Pilzbefall im unteren Bereich auf und waren durch Würfelbruch in ihrer Statik geschwächt. Beide Stützen wurden im unteren Bereich ergänzt. Nach dem Ergänzen der Stützbalken auf der Altarrückseite, erfolgte die weitere Stabilisierung mit den Wandankern und einer neu angebrachten Stabilisierungskonstruktion auf der Rückseite. Weitere Verankerungen wurden in die Wand und den Altar angebracht, um eine ausreichende Stabilität zu gewährleisten. Im Zuge dessen sind alle Metallteile entrostet und mit einem Korrosionsschutz behandelt worden.
Es erfolgte eine allseitige Holzfestigung, die aufgrund des speziellen Befalls mit der Denkmalpflege und der Kirchenkreisverwaltung abgestimmt werden musste. Es musste ein Festigungsmittel für die Rückseite gefunden werden, das schnell, effizient arbeitet und tief eindringt. Ziel war es, von hinten zu beginnen, ohne, dass das Festigungsmittel auf der Altarvorderseite wieder rausläuft und die Fassung schädigt.
Es wurde sich für ein niedrig viskoses und transparentes Epoxidharzsystem entschieden, welches so modifiziert wurde, dass es sich tief genug über die Ausfluglöcher einspritzen ließ. Dieses System wurde nur für die Rückseite verwendet und garantiert nun eine sehr gute Festigkeit der gesamten Grundkonstruktion. Die Vorderseite mit den aufwändigen Schnitzereien wurde in mehreren Durchgängen mit unterschiedlichen Konzentrationen der Acryldispersion MFK (Festigungsmittel mit niedriger Viskosität und besonders gutem Eindringvermögen) durchgeführt.
Die Feuchtreinigung des Altars erfolgte dann nach abgeschlossener Fassungsfestigung.
Risse und Fehlstellen an den Schnitzereien sind mit Balsaholz geschlossen, anschließend retuschiert worden. Alle Bildnisse konnten sehr gut von anhaftendem Kalkschmutz mit einer wässrigen Pufferlösung gereinigt werden. Aufliegende Kreideschlämmen wurden nicht mitgefestigt, sondern mit der Reinigung entfernt, wie z. B. an den beiden Figuren links und rechts des großen Gemäldes.
Am Ende erfolgte eine dezente Retusche an der Sichtfassung.
Der stark geschädigte Altar wurde schon fast von der Kirchengemeinde aufgegeben, man glaubte nicht, ihn erhalten zu können. Durch die gute Zusammenarbeit unseres dafür zusammengestellten Teams und der gewählten Festigungsmethode konnte schnell, effizient und vor allem wirtschaftlich geholfen werden.
Wegen Außendienstlichen Einsätzen können wir keine festen Öffnungszeiten garantieren. Bitte rufen Sie uns vor Ihrem Besuch immer an.
© 2022 Holzrestaurierungen Breiholdt & Voss
Mit Liebe gestaltet von DragomArts
Unsere Auftraggeber:
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Die Restaurierung hat das Ziel, eine bessere Anschaulichkeit des Objektes herzustellen, wobei allerdings ästhetische, historische und physische Eigenschaften soweit es möglich ist, respektiert werden müssen. Restaurierung bedeutet aber auch, Ergänzungen und Rekonstruktionen vornehmen zu müssen. Den Umfang und die Art von erforderlichen Maßnahmen bestimmen die vorangegangenen Befunduntersuchungen. Grundsätzlich wollen wir so wenig wie möglich am Original verändern.
Bei der Konservierung und Restaurierung ist uns der intensive Austausch und die Zusammenarbeit mit den Auftraggebern, den Kirchgemeinden, anderen Gewerken, Restauratoren, Holzschutzgutachtern, Bauforschern und Denkmalpflegern sowie Fachplanern, Statikern und Architekten wichtig.
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Bei der Konservierung erfolgen rein erhaltende, sichernde Maßnahmen mit dem Ziel, den Zustand zu stabilisieren, den Verfall aufzuhalten oder zu verlangsamen. Die reine Erhaltung eines Objektes hat immer Vorrang vor restauratorischen Maßnahmen.
Erst wenn konservatorische Maßnahmen nicht mehr greifen oder ungenügend greifen, werden restauratorische Eingriffe am Objekt ausgeführt.
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Tierische Schädlinge stellen uns bei historischen Holzobjekten, Möbeln, Kunstgegenständen, Textilien, Papieren sowie Leder immer wieder vor besondere Herausforderungen. Wie können die Schädlinge bekämpft und das Kunst- und Kulturgut gleichzeitig erhalten werden, ohne dabei die Gesundheit und das Objekt zu schädigen?
Die aus unserer Sicht effektivste und sicherste Methode ist die Behandlung von Kunst- und Kulturgut mittels Stickstoff.
Die Raumluft enthält rund 78 % Stickstoff und 21 % Sauerstoff. Wenn Sauerstoff entzogen wird, entsteht eine sauerstoffarme Atmosphäre. Dieser Zustand wird Anoxie genannt.
Praktisch können wir diesen Prozess in unserer stationären Kammer durchführen, was sich besonders für mobile und transportfähige Objekte anbietet.
Objekte, die fest verbaut oder zu groß für die stationäre Behandlung sind, können direkt vor Ort behandelt werden. Dazu fertigen wir ein gasdichtes Folienzelt an und stellen die Technik vor Ort.
Die Stickstoffkonzentration wird Rechnergestützt bei konstanten klimatischen Verhältnissen über 4-6 Wochen auf mindestens 99,6 % gehalten.
Das vollständige Fehlen von Sauerstoff im Gewebe, führt zum Absterben der tierischen Schädlinge durch Ersticken ( z.B. Nagekäfer, Splintholzkäfer, Bockkäfer, Teppichkäfer, Motten, Silberfische in allen Entwicklungsstadien).
Stickstoff hat keine abbauende oder verändernde Wirkung auf Holz, Textil, Leder, Papier, Metalle, Lacke, Pigmente und Bindemittel.
Nach der Behandlung ist das Kunstgut frei von tierischen Schädlingen und nicht durch zusätzliche Schadstoffe belastet. Eine Präsentation in der Ausstellung, das Aufbewahren im Depot und das Leben mit dem behandelten Objekt im Wohnraum sind ohne Gefährdung der Gesundheit und der Umwelt möglich. Dieses Verfahren beinhaltet keine präventive Maßnahme.
Das seit jahrzehnten erprobte Verfahren ist nun leider derzeit mittels sog. Stickstoffgeneratoren (in situ hergestellter Stickstoff) nicht mehr erlaubt, da die EU – Verordnung 528/2012 das inerte Gas Stickstoff als Biozid eingestuft hat. Die Verordnung besagt, dass Stickstoff europaweit nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zur Bekämpfung von tierischen Schädlingen eingesetzt werden darf.
Laut Beschluss der Europäischen Kommission vom 9. September 2020, darf die zuständige deutsche Behörde zum Schutz des kulturellen Erbes die Schädlingsbekämpfung im Anoxia-Verfahren mit in situ hergestelltem Stickstoff wieder zulassen.
Hierzu läuft ein nationales Genehmigungsverfahren von Restauratoren und Museen aus ganz Deutschland. Das Ergebnis des Zulassungsverfahrens wird zum Ende 2022 erwartet. Wir halten Sie über den Fortgang auf dem Laufenden